Hinrich Lühmann
Der Knabe Eros geht zur Schule
Übertragungsliebe in öffentlicher Anstalt
Meine erste längere Ausarbeitung zum Thema des pädagogischen Eros und der Übertragungsliebe ist dieser 1994 gehaltene und veröffentlichte Vortrag.
Mir ist keine geschlossene Theorie zur Übertragung gelungen. Die Analyse des Menon, die Darstellung verschiedener Wissensformen, die Funktion des hysterischen und des zwangsneurotischen Diskurses - dies sind Motive, die in den folgenden Ausarbeitungen immer wieder aufgegriffen werden.
"Ich will aus der Schule plaudern und von der Liebe reden, die dort wirkt. Sie wirkt in besonderer Weise, die Pazzini so faßt: »Wenn Eros Kreide frißt». Das will sagen, daß Eros in der Schule alles Leidenschaftlichen, Radikalen, Elementaren, ja, des Wölfischen, entkleidet worden ist und allenfalls als Kameradschaftlichkeit, Tanten- und Onkelgehabe und in gebildeterer Tonlage als »pädagogischer Eros» sehr verkleidet wiederkehren darf. Panik, Schreck und Triebe bleiben draußen. Zugleich konnotiert »Kreide» das Staubige, Aktenabgelagerte, das Eros in unseren Anstalten anhaften muß. Ja, man gewinnt den Eindruck, als sei Schule zu dem Zweck eingerichtet worden und als sei ihr ganzer Tagesbetrieb damit beschäftigt, Sexualität und Verliebtheit unter Staub zu ersticken, alles Begehren auszutreiben und damit auch die Wißbegier." ...
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